News und Beiträge ·  20. Mai 2022

Social Ticketing: Trenderscheinung oder Schlagwort der Stunde?

Social-Media-Kanäle sind für die Sport- und Entertainment-Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Entsprechend erscheint die direkte Nutzung als Verkaufskanal im Rahmen von Social Commerce naheliegend. Funktioniert das auch für Event-Tickets? Gibt es so etwas wie ein Social Ticketing? Was ist die wichtigste soziale Beziehung für Event-Veranstaltende?

Deborah Coors vom ESB Marketing Netzwerk hat im Rahmen des ESB Web-Forums mehrere Experten zu den Themen Social Commerce und Social Ticketing befragt – so auch Manuel Reinhard, Geschäftsführer von Ticketpark.

Das ganze Video-Interview gibt es nachfolgend zum Anhören sowie die Expertenrunde mit Manuel Reinhard zum Nachlesen:

Deborah Coors: Manuel, wie definierst du Social Ticketing?

Manuel Reinhard: Das ist eine gute Frage. Ich habe für mich noch keine abschliessende Antwort gefunden, denn schon bei Social Commerce gibt es unterschiedliche Ansichten.

Sprechen wir von einem Kauf-Button innerhalb einer Social-Media-Plattform, das heisst, dass ich direkt auf Instagram oder TikTok etwas kaufe und gar nie von dieser Plattform weggehe? Sprechen wir von einer Promotion über eine Social-Media-Plattform, auch in Verbindung mit Influencer-Marketing? Oder sprechen wir von Livestream-Shopping, wie es in China beliebt ist, also eine Art Teleshopping?

Jeder diese Ansätze hat ein soziales Element und jeder davon ist natürlich auf seine Art auch spannend im Eventticketing. Tatsache ist, dass ein Ticketkauf für einen Anlass anders funktioniert als beispielsweise ein Kauf einer Handtasche, eines Kosmetikartikels oder Smartphone. Mit dem Eventticket gehe ich als Käufer auch immer eine gewisse Verpflichtung ein, die Planung benötigt: Habe ich überhaupt Zeit? Wo findet der Anlass statt, wie komme ich dorthin und wen nehme ich mit? Zum Spontankauf kommt es dadurch seltener als wenn ich ein Produkt  bestelle, das ich morgen im Briefkasten habe und es im Endeffekt niemanden interessiert, ob ich es dann auch nütze.

Was ein Muss für alle Veranstalter ist, ist die generelle Präsenz auf den Social-Media-Plattformen – für Markenpflege, Ankündigungen oder Werbung mit Partnern und Influencern mit dem Ziel, die Reichweite zu vergrössern. Allerdings sind das alles Dinge, die seit Jahren gemacht werden und ich bin skeptisch, ob es einen Begriff wie Social Ticketing überhaupt braucht.

Deborah Coors: Der Besuch eines Events lebt von Emotionen. Gefällt mir ein Event besonders gut, kaufe ich direkt danach wieder ein Ticket. Wenn ich einen Event nur auf der Website sehe, dann fehlt natürlich diese Emotion. Vielleicht kann ich diese mit einem Video vermitteln, aber reicht das wirklich aus, um auf Social Media ein Ticket zu kaufen? Und wie kann man die Emotionen sonst noch vermitteln?

Manuel Reinhard: Die Emotionen vor Ort kann man natürlich nicht ersetzen – auch nicht durch ein digitales Erlebnis. Das sind einfach Anreicherungen oder Annäherungen an das wirkliche Erlebnis

Ich denke jedoch schon, dass man auf Social Media mit Emotionen spielen kann, um einen Event attraktiv erscheinen zu lassen oder ins Gespräch zu bringen. Ganz konkret denke ich zurück an das Formel-1-Rennen vom letzten Wochenende in Miami. Über dieses Rennen wurde schon seit Tagen und Wochen in den sozialen Medien gesprochen. Warum? Weil die Veranstalter die Idee hatten, einen offensichtlich künstlichen Bootshafen neben der Rennstrecke zu platzieren. Die Menschen haben darüber gesprochen und die ausgelöste Emotion war: Wir haben Spass, machen auch einmal etwas Verrücktes und du musst dabei sein! Ich bin überzeugt, dass sich viele Menschen dieses Rennen allein aus diesem Grund im Fernsehen angeschaut haben.

Deborah Coors: Ein gutes Best-Case-Beispiel. Fallen dir spontan weitere Beispiele ein, die besonders gut die sozialen Medien ins Spiel brachten?

Manuel Reinhard: Konferenzen eignen sich gut, da hierbei viel Content produziert wird.

Konkret denke ich an die Connecta der Schweizerischen Post. Eigentlich ein eintägiger Anlass, aber den Veranstaltern ist es gelungen, ein sechs-monatiges Rahmenprogramm auf den sozialen Medien zu schaffen. So haben sie schon im Vorfeld Referierende dieser Konferenz Blogartikel schreiben lassen. Diese Experten haben ihre Artikel dann über ihre eigenen Kanäle im eigenen Netzwerk geteilt. Es wurden Videoteaser gedreht, wo Referierende ihren eigenen Talk angepriesen und zur Anmeldung aufgefordert haben. Weiter wurde eine ganze Serie von Podcasts, Video-Interviews und sogar ein Dokumentarfilm auf die Beine gestellt. Eine gewaltige Menge an Content, der generiert wurde!

Weil man alle Beteiligte involviert und ihnen auch eine Plattform gegeben hat, waren all diese Menschen motiviert, diese Inhalte auch zu verbreiten. So hat man eine riesige Reichweite geschaffen mit Mehrwert, da die Inhalte dem Konsumenten wirklich etwas gebracht haben. Ich finde, das hat man wirklich sehr gut gemacht.

Deborah Coors: Trotz dieser Beispiele hast du gesagt, dass du nicht unbedingt unterschreiben würdest, dass es ein Social Ticketing überhaupt gibt. Denkst du somit nicht, dass die Entwicklungen, die im Social Commerce vielleicht schon weiter sind, sich dann auch im Ticketing zu einem Social Ticketing entwickeln werden?

Manuel Reinhard: Doch, klar! Alles, was im E-Commerce machbar ist, kann auch mit einem Ticket gemacht werden.

Man muss sich einfach überlegen, ob man für sich auch wirklich einen Zusatznutzen generiert. Nehmen wir den Use Case mit dem Kauf-Button auf Instagram: Hier hat man eingeschränkte Möglichkeiten, weil es darauf ausgelegt ist, dass du ein einzelnes physisches Produkt kaufst. Die Empfängeradresse wird an den Produzenten gesendet, dieser kann das Produkt ausliefern und fertig. Bei einem Ticket benötigt man die Zugangsberechtigung, die mit den Systemen verknüpft sein muss. Gerade im Eventbusiness ist es auch immer häufiger der Fall, ein Up-Selling zu machen, das heisst, es werden noch Gastro-Optionen oder VIP-Pakete angeboten. Hierzu benötigt es Erklärungen und Emotionen.

Es gibt im Ticketing also noch technische Hürden bei all diesen Plattformen. Wenn sie dann so weit sind, stellt sich die Frage, ob wir es auch sind. Solche Features kommen oft zuerst in Asien oder in den USA und wir hinken rein geografisch schon etwas hinterher.

Ticketing wird sich sicher auch auf sozialen Medien weiterentwicklen, doch das wird sich nicht vom E-Commerce für physische Produkte loskoppeln. Es sind einfach ähnliche Wege, die man gehen kann.

Deborah Coors: Das Hinterherhinken ist natürlich auch eine Frage des Fokus. Ist Social Commerce einfach ein Thema, welches nicht fokussiert wird, sondern von anderen Themen überschattet wird?

Manuel Reinhard: Richtig, der Fokus im Ticketing ist zurzeit nicht beim Social Commerce, zumindest nicht in dieser Ausprägung wie vorhin mit dem Kauf-Button innerhalb einer sozialen Plattform erklärt.

Das ist ja auch nicht verkehrt. Die Priorität für Veranstaltende sollte sein, sich bewusst zu bleiben, was die wichtigste soziale Beziehung ist, die sie pflegen müssen: die zwischen sich selbst als Veranstaltender und dem Gast.

Dazu habe ich gerade heute ein aktuelles Beispiel gelesen. Der Tagesanzeiger hat einen Artikel veröffentlicht über Volksläufe in der Schweiz und dass diese nach der Pandemie mit schwindenden Teilnehmerzahlen zu kämpfen haben. Aber es hiess auch, dass jene Läufe bessere Zahlen erreichen, die während der Pandemie direkt mit ihren früheren Teilnehmern in Kontakt geblieben sind.

Das ist genau die Beziehung, die gepflegt und nicht an Dritte ausgelagert werden darf. Der direkte Kanal zum Gast ist ein Muss. Man muss die Möglichkeiten haben, den Gast direkt per Newsletter, Direct Mailing oder natürlich auf den sozialen Medien ansprechen zu können. Dafür muss die Grundlage vorhanden sein, sprich man muss die Gästedaten besitzen und nutzen dürfen. Das beginnt schon mit der Wahl des Ticketing-Partners.

Die wichtigste und direkteste Beziehung zu den eigenen Kunden darf auf keinen Fall gefährdet werden.

Deborah Coors: Sehr spannend! Die Kundenbeziehung im Blick zu halten, dass würden sicher alle hier unterschreiben.

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