News und Beiträge ·  18. Januar 2022

Interview: Virtual Reality im Theater

Blogserie revival22: Im Januar 2021 fand auf Initiative von Ticketpark das Streaming-Kulturfestival stream21 statt. In einer losen Reihe von Blogposts schauen wir zurück auf die spannendsten Inhalte und werfen einen Blick auf den Stand der digitalen Kultur heute.

Alle sprechen vom Metaverse – das Staatstheater Augsburg ist schon mitten drin und führend im Bereich Virtual-Reality-Theater. Im Rahmen des stream21-Festivals hat sich Ticketpark-Geschäftsführer Manuel Reinhard mit Tina Lorenz, Projektleiterin für Digitale Entwicklung, am Staatstheater Augsburg zu diesem Thema unterhalten.

Das Video-Interview in Textform

Manuel Reinhard: Das Staatstheater Augsburg nimmt eine führende Rolle ein, wenn es um digitale Inhalte geht. Nebst Aufzeichnungen als Video, die man sich kaufen kann, stehen auch Virtual-Reality-Produktionen zur Verfügung. Wie kam es denn dazu?

Tina Lorenz: Wir haben ursprünglich eine hybride Opern-Produktion als Mixed Reality geplant. Die sollte im Mai 2020 Premiere haben. Dazu haben wir mit einem Partner zusammen VR-Brillen gekauft – und dann kam der Lockdown. Da kam die Idee auf, diese Brillen mit Produktionen zu bespielen und zum Publikum nach Hause zu liefern.

Manuel Reinhard: Werfen wir doch gleich mal einen Blick in eine solche Produktion rein.

Theaterszene: Heute habe ich den ganzen Vormittag Zeitungen gelesen. In Spanien bahnt sich was an – schwer zu sagen, was. Der Thron soll vakant sein. Man dachte gemeinhin, das menschliche Gehirn befände sich im Kopf. Dem ist man nun offiziell entgegengetreten. Das menschliche Gehirn kommt mit dem Wind aus Richtung des Kaspischen Meeres.

Manuel Reinhard: So sieht das also aus. Mit der Brille auf dem Kopf natürlich noch viel eindrücklicher. Wie sind die Rückmeldungen des Publikums?

Tina Lorenz: Die sind total begeistert. Es ist wirklich nicht vergleichbar damit, an einem Monitor eine Produktion zu sehen, sondern man hat ein ganz intimes Verhältnis zu den Darstellern, zu den Tänzerinnen, weil man sich in einem Raum bewegt. Dieser Immersionsgrad macht das zu einem ganz eindrücklichen Erlebnis.

Manuel Reinhard: Diese Brillen senden Sie hauptsächlich den Leuten zu, denn eine Virtual-Reality-Brille ist eher noch ein Nischenprodukt und auch noch relativ teuer. Wie kommt dieses Angebot an, sich das zusenden zu lassen?

Tina Lorenz: Wir haben teilweise superinteressante Geschichten. Es gibt eine Geschichte, da hat sich jemand über zwanzig von diesen Brillen gemietet und hat sie all seinen Freunden zugeschickt, weil er eine Geburtstagsparty auf Zoom hatte. Und alle haben dann gleichzeitig diese Brillen aufgesetzt und sich das Stück zusammen angeguckt. Das heisst, die waren gemeinsam im Theater. Die Leute sind wahnsinnig kreativ, wem sie das schenken, mit wem sie das zusammen schauen. Das ist super und hätten wir uns so nicht gedacht. Aber wir sind sehr glücklich damit.

Manuel Reinhard: Fühlt man sich noch als Theaterschaffende oder ist das schon eher Filmemachen?

Tina Lorenz: Oh, das ist eine gute Frage. Von der Technik her ist es Film, aber vom Zuschauen her ist es Theater. Man fühlt sich wirklich wie im Theater. Wo wir aber auch hingehen sind diese hybriden Sachen, mit denen wir eigentlich auch gestartet haben. Unsere Opern-Inszenierung hat dann stattgefunden, im Oktober nämlich, noch vor 120 Zuschauern. Und da war das so: Immer wenn wir mit Orpheus in die Unterwelt gegangen sind, haben wir uns die VR-Brille aufgesetzt und waren mit ihm zusammen in der Unterwelt, während der Chor gesungen hat, das Orchester gespielt hat. Das sind wahnsinnig schöne Erfahrungen, in welchen man gemeinsam in einer Opern-Situation ist – und dann setzt man die VR auf und ist ganz alleine mit Orpheus in dieser Unterwelt. Das sind total schöne hybride Erfahrungen, die wir auch weiterentwickeln wollen.


Mixed-Reality-Produktion beim Staatstheater Augsburg | Foto: Jan-Pieter Fuhr

Manuel Reinhard: Jetzt kann man in Virtual Reality ja beliebige Fantasiewelten erschaffen. Haben Sie Ambitionen, diese Produktionen auch komplexer oder vielfältiger zu machen?

Tina Lorenz: Wir werden eine Plattform bauen, wo wir Co-Präsenz und Zuschauer in Interaktion erproben wollen. Und das wird tatsächlich nicht in 360-Grad-Video stattfinden, sondern in einer animierten, gerenderten Welt.

Manuel Reinhard: Welche Entwicklungen erwarten Sie noch?

Tina Lorenz: Ich bin sehr gespannt. Theater fängt ja in der Entwicklung gerade erst an. Wir gucken ja immer so neidisch auf die Museen, weil die haben alle schon Digitalstrategien und die wissen schon, wo sie hingehen wollen. Die haben diese Debatte einfach schon durch, dass die Aura des Originals nicht verschwindet, wenn man es digital vermittelt. Da sind wir im Theater noch nicht ganz.

Ich würde mir wünschen, dass die Digitalisierung sich nicht nur am Stadttheater Augsburg verfestigt, sondern überall, weil wir digitale Welten als Raumerweiterung, als Bühnenerweiterung wahnsinnig gut nutzen können. Und weil Theater schon immer technologisch eigentlich sehr vorne dran war. Alle technologischen Entwicklungen werden einverleibt zum Geschichtenerzählen. Wir haben mittlerweile Livekameras auf Bühnen, oder auch Projection-Mapping, neueste Projektionsarten. Das sind alles Dinge, die werden schon gemacht und die subtrahieren auch nicht vom Theater-Erlebnis, sondern sie addieren dazu. Genauso ist das mit VR oder Mixed Reality. Das kann eine Erweiterung sein und ich würde mir wünschen, dass das auch Eingang findet auf viele Bühnen.

Manuel Reinhard: Vielen Dank für das Gespräch.

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